Die Wossidlo-Forschungstelle für Europäische Ethnologie/Volkskunde

Die Wossidlo-Forschungstelle für Europäische Ethnologie/Volkskunde (vormals Institut für Volkskunde) war von 1954 bis 1991 eine Einrichtung der Berliner Akademie der Wissenschaften. Hervorgegangen ist sie aus der ethnografischen Sammlung Richard Wossidlos (1859-1939), einem der "Gründungsväter" der deutschsprachigen Volkskunde. Während sich Wossidlos Sammlungen auf die in Mecklenburg erhobenen "Volksüberlieferungen" und den ostniederdeutschen Sprachschatz beschränken, bezog die 1954 gegründete Forschungsstelle das heutige Gebiet Vorpommerns ein. Mit der Neustrukturierung der Wissenschaftslandschaft konnte die positiv evaluierte Einrichtung an ihre Forschungstradition anknüpfen, wurde in die Philosophische Fakultät der Universität Rostock integriert und bietet seither disziplinspezifische Lehrveranstaltungen im Umfang von 14 bis16 SWS an. Da in Rostock ein eigener Studiengang fehlt, wird das Angebot in fachverwandte Lehrschienen (Lehramtsstudiengänge, BA- und MA) exportiert. Regionalbezogene Themenangebote, vielfach bereichert durch die intensive Zusammenarbeit der hiesigen Volkskunde mit den Museen, Archiven und anderen kulturbewahrenden und -schaffenden Institutionen Mecklenburg-Vorpommerns, sind insbesondere auch von Lehramtsstudierenden stark nachgefragt.

Die Volkskunde besteht an über 30 deutschsprachigen Universitäten, firmiert heute jedoch unter justierten Bezeichnungen wie Europäische Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie, Empirische oder Vergleichende Kulturwissenschaft. Ihre Aufgabe ist die Erforschung kultureller Traditionen und Ausdrucksformen. Wandlung, Aneigung, Deutung und Bedeutung von Kulturen und daraus entstehende Konflikte (nicht nur ethnischer, nationaler und regionaler Natur, sondern auch zwischen "Kollektiv" und Individuum) stehen dabei im Fokus. Bis zur ersten Hälfte des 20. Jh. herrschte die "landschaftliche" Sammlung und Erforschung kanonisierter Bereiche (Volkserzählungen, Bräuche, Volksglaube, Handwerk, Haus- und Hof, Arbeitsgerät etc.) vor. Mündlichkeit und Überlieferung waren hierfür wesentliche Aufnahmekriterien. Methodisch zentral ist die Feldforschung (Ethnografie). In dem Flächenland Mecklenburg-Vorpommern geht es primär um ländliche und maritime Kulturformen eines niederdeutschen Kultur- und Sprachgebietes. Typische Berufsfelder sind Museen, Medien, Tourismus, Kulturmanagement und Erwachsenenbildung.